Wie meistern wir demokratische Herausforderungen im digitalen Zeitalter? Wie können Jugendliche im Umgang mit Medien sensibilisiert werden, wie fördern wir Medienkompetenz, welche Herausforderungen treten speziell in unserer Region auf?
Im Rahmen der ersten Messe für Meinung, Vielfalt und Respekt „Schau auf Demokratie“ und punktgenau zum „Tag der Demokratie“ fand am Donnerstag in Plauen eine Podiumsdiskussion statt, zum Thema „Politische Öffentlichkeit im Wandel“.
Tagsüber nutzen mehr als 700 Jugendliche ein vielfältiges Messeangebot aus Workshops und Kurzseminaren. Die Auswahl reichte von der Erkennung von Fake News, über die Grundlagen einer respektvollen Streitkultur bis zur Darstellung von Möglichkeiten, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten und junges Engagement zu fördern.
Die öffentliche Podiumsdiskussion am Abend zeigte deutlich: Wir müssen die Digitalisierung als Verstärker der Meinungsbildung und als Instrument der Demokratie verstehen. Dabei wird häufig deutlich, dass der falsche Umgang mit der digitalen Informationsflut zu Problemen führt und Gefahren birgt. Dennoch müssen wir die Digitalisierung als Chance begreifen und z.B. die Vielfalt an Informationsquellen, effektiv nutzen. Hierbei ist es notwendig, Quellen und Informationen kritisch zu hinterfragen und sich selbst zu reflektieren. Was macht die Digitalisierung mit uns? Wie gehen wir mit den Informationen um? Welchen Quellen kann ich vertrauen? Jeder Einzelne ist in der Verantwortung, sich eine die eigene Mediennutzung kritisch zu hinterfragen, ein konstruktives Miteinander zu fördern und eine Haltung aufzubauen. Das Publikum und die Speaker waren sich einig: es gilt die Digitalisierung als generationsübergreifendes Projekt zu verstehen. Kinder, als sogenannten Digital Natives (also direkt in die digitale Welt hineingeboren) können älteren Generationen helfen, dass digitale Handwerkszeug zu bedienen. Umgekehrt teilen die Älteren die Erfahrung und schulen das Bewusstsein für den kritischen Umgang im Bezug auf die vielfältige Medienversorgung.
Genau in diesem Punkt sehen alle Teilnehmenden der „Schau auf Demokratie“ Handlungsbedarf. Wir benötigen mehr Bildung in Sachen Medienkompetenz, eine Wissensvermittlung, die nicht nur in der Verantwortung der Schulen und Pädagogen liegt, sondern auch in der Erziehung der Eltern und deren Umgang mit der Digitalisierung. Hierzu wurden verschiedene Lösungsansätze diskutiert. Im Rahmen des Projektes spreu x weizen besucht Bildungsreferent Ronald Becker bundesweit Bildungseinrichtungen und schult Lehrer:innen und Schüler:innen im Bereich der Medienkompetenz. Ein erster Schritt wäre für Ihn, eine Umgestaltung und Erweiterung des Lehrplans im Schulfach Gemeinschaftskunde, um den bewussten Umgang mit Informationen und Medien im Unterricht zu besprechen. Yvonne Magwas, Schirmherrin der Veranstaltung, ging einen Schritt weiter und schlug ein eigenes Schulfach für Medien- und Nachrichtenkompetenz vor. Wichtig sei es, da herrschte Einigkeit bei allen Diskussionsteilnehmern, allen Bürger:innen den Zugang zu seriösen Informationen zu sichern. Besonders im ländlichen Raum stehen die Verantwortlichen hierbei häufig vor einer Herausforderung. Eine tragende Säule der politischen Bildung im ländlichen Raum, so Magwas, spielt der Lokaljournalismus, den es zu fördern und zu entwickeln gilt. Dieser Verantwortung ist sich Sascha Aurich, stellvertretender Chefredakteur der Freien-Presse, bewusst. „Verantwortung“ etabliert sich zum Schlüsselwort des Abends. Inwiefern müssen Plattform-Anbieter, Unternehmen und Verantwortliche „Verantwortung“ für gezeigte Inhalte übernehmen? Welche Beiträge sollte man entfernen? Welche Inhalte verdienen es, gefördert zu werden? Der Spagat zwischen Zensur und eingeschränkter Debattenkultur, zwischen strengen Kontrollen und Meinungsfreiheit stellt Plattformbetreiber, Verlage und Verantwortliche vor neue Herausforderungen. „Was wollen wir aushalten?“ Es gilt, einen demokratischen Diskurs zu fördern und Entscheidungen darüber, welche Inhalte gezeigt oder verboten werden, basierend auf den gesellschaftlichen und unternehmensinternen Grundwerten zu treffen, so Lutz Mache (Public Policy and Government Rel. Manager bei Google). Immer wieder wird deutlich, Plattformen dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern sind ein wesentlicher Bestandteil der Bildungslandschaft.
Energiekrise, steigende Preise, Inflation und Ukraine-Krieg – gibt es in der aktuellen Situation nicht wichtigere Themen als Digitalisierung und bewusster Mediennutzung? Die Diskussion zeigt, die Ursachen der Krisen lassen sich nicht losgelöst von der Entwicklung der Digitalisierung betrachten, denn immer wieder wird deutlich: Die Digitalisierung ist Verstärker und wichtiges Instrument der Demokratie! Wir müssen die Digitalisierung als Chance nutzen – Hinterfragen, Entwicklungen offen begegnen, Werte einhalten und immer sachlich miteinander kommunizieren. Die Demokratie lebt von der politischen Auseinandersetzung. Im Vordergrund steht dabei die sachliche Diskussion – eine Streitkultur, in der Konflikte offen ausgetragen und Probleme präzisiert werden. Ein intensiver Meinungsaustausch bringt Erkenntnisse, Einsichten und Verständnis für die Situation des anderen. Nur so können die aktuellen Herausforderungen gemeistert werden – digital und analog.